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Nach dem Bissen ist vor dem Bissen

Ich weine, die salzigen Tränen tröpfeln in mein Joghurt rein und vermischen sich mit dem Zucker, das mir Anna hinstellte. Ich zittere und weine. Bei jedem Bissen fällt mir der Löffel fast herunter. Es fällt mir so schwer. Meine Muskeln wollen streiken und den Löffel nicht zum Mund führen, mein Kopf hämmert dagegen. Iss einfach. Einen Bissen! Ich will nicht aufgeben, mich nicht ihren Regeln fügen, nicht als feige, schwache dumme Kuh enden. Es dauert ewig, bis ich den kleinen Topf Joghurt unter den Augen meiner Patentante aufesse. Ich muss alles runter schlucken. Ich hätte es auch trinken können.  Nach der Hälfte von dem Becher bin ich brechend voll, aber darf trotzdem weiter schaufeln. Sie lässt mich nicht gehen, bis der Becher leer ist. Ich brauche eine geschlagene Stunde und komme zwei Stunden zu spät zu meiner Verabredung. Ich hätte es mit einer Stunde Verspätung schaffen können, aber ich biege auf dem Weg nach der ersten Straßenkreuzung um die nächste Ecke und kotze das Joghurt wieder aus. Weil es so flüssig ist, geht das auch recht reibungslos. Und nachdem es noch nicht so lange in meinem Magen liegt und noch nicht verdaut werden konnte, schmeckte es nicht anders, als beim Essen. Es ist aber trotzdem eklig. Früher ist ganz normales Joghurt mit ein wenig Zucker und Zimt eines meiner Lieblingsessen gewesen, doch das war einmal.  Ich ekle mich selbst an. Ich mag es nicht, mich zu übergebe, aber manchmal muss es sein. Zu Mittag reicht ein Apfel. Mit jedem Bissen mehr habe ich Angst vor dem nächsten. Es wird gesteigert, es wird immer mehr. Fett häuft sich an. Nach dem Bissen ist vor dem Bissen und der Kreislauf geht weiter.
Ich wollte damit aufhören, rede ich mir ein. Nicht jetzt, jetzt habe ich andere Probleme. Ich kümmere um mich selbst, wenn ich mit den anderen Sachen abgeschlossen habe; keine Zeit, keine Energie. Ich schiebe es auf und lasse der Essstörung weiter ihren Lauf, weil ich Angst habe, mich zu stellen. Es ist viel bequemer, die Trauer mit dem gewohnten Irrsinn zu kompensieren, als es wirklich ernsthaft zu verarbeiten.

5 Kommentare:

  1. Och man, du musst damit wirklich aufhören!

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  2. Hast du dieses Bild gezeichnet? Wunderschön.

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  3. Sky hat recht, hör auf! Du bereust das ganze ja schon, während du es tust.
    Aber vielleicht hast du recht, dem jetzt ersteinmal freien Lauf zu lassen. Das solltest du nicht immer tun, aber lieber Selbstmord auf Raten, die man nachher noch ausgleichen kann als ein kompletter Selbstmord, weil der Druck auf einmal zu groß wird...
    Und ja, ich will nach Irland ziehen. Ich will hier weg, seit ich sieben bin und wenn alles so klappt, wie ich es hoffe, werde ich dieses Jahr im Sommer dorthin ziehen und dann da studieren. Und dann vielleicht zurückkommen - oder auch nicht.

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  4. Ich hab dich auf meinem Blog verlinkt! :)
    Und deine Bilder sind wirklich schön, du hast Talent.

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  5. Ich versuche eigentlich, oft mit Freunden über Alvaro zu reden. Ich hoffe, das hilft irgendwie. Da das ja alles in den Ferien passiert ist, hätte ich meine Klassenkameraden erst Montag wiedergesehen, aber wir haben uns in den Ferien oft getroffen und über ihn geredet, worüber ich sehr dankbar bin. Ich weiß es nicht, aber ich glaube, dass es allen Beteiligten ein bisschen hilft, über ihn zu reden. Über seinen Tod, aber auch Gedanken an ihn auszutauschen, sich zusammen zu erinnern .. Wir haben so viel mit ihm erlebt, obwohl er erst seit diesem Jahr in unserer Klasse war.

    Ich kann es nicht wirklich beurteilen, aber wenn er nicht mir dir darüber geredet hat, hättest du es auch nicht verhindern können. Vielleicht hatte er Probleme, über die er mit niemandem geredet hat, das heißt aber nicht, dass du ihn nicht gut genug gekannt hast.
    Die Frage nach dem 'Warum jetzt?' stellt sich natürlich, aber vielleicht wollte er einfach, dass er nicht alleine ist,und deswegen auf einer Party, während seine Freunde nebenan sind. Vielleicht wollte er nicht alleine sterben, und hat es vielleicht genau auf der Party getan.
    Schlag mich, wenn ich irgendwas falsches sage, ich bin ein bisschen unsensibel und weiß in solchen Situationen oft nicht, was ich sagen soll, vor allem nicht in deiner, das Vergangene ist einfach .. so unfassbar und am liebsten würde ich es gar nicht glauben, die Geschichte ist einfach zu krass.



    Ich hab deinen Blog jetzt bei allen meinen anderen Lieblingsblog ist und danke dir, dass du bei mir kommentiert hast, denn sonst hätte ich nie meinen Lieblingsblog gefunden. Über dein "beste schreiber in der bloggerwelt" musste ich nur herzhaft und laut lachen. Nein. Einfach nein, und seit ich deinen Blog kenne, schäme ich mich manchmal schon ein bisschen, was ich da oft für einen Müll zusammenschreibe, deine Texte sind einfach perfekt.

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Vielen Dank für jeden Kommentar ♥
Ich behalte es mir allerdigs vor, Anfragen auf gegenseitiges Verfolgen etc entweder zu ignorieren, entzürnt zu reagieren oder es einfach zu löschen. Comprende?