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Als ich kleiner war, gingen meine Mutter und ich oft spazieren. Unsere sonntäglichen Spaziergänge waren die einzigen Zeitpunkte der Woche, die meine Mutter in der Menge ihrer Arbeit finden konnte, um sie mir zu widmen. Ich klammerte mich jedes Mal an ihrem Arm fest, als könnten uns die kleinen Windböen, die durch die Bäume über den See tanzten, auseinanderreißen. Ich klammerte mich an ihren Arm, so wie ich mich die ganze Woche an diese Spaziergänge klammerte. Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag. Ich lernte laufen auf unserer Route, und ich lernte zählen, ich lernte sprechen. Meine Mutter wollte immer, dass ich die Nähe zur Natur bewahrte, legte Wert darauf, dass ich die Kräuter und Pflanzen alle genau benennen konnte: Schöllkraut, Herbst-Zeitlose, Heidenelke, Brillenschötchen, Gemeine Quecke, Mispel... Aber ich hatte eine ganz eigene Sprache und Art, die Dinge beim Namen zu nennen. Explosionen im Himmel, schimmernde Mondsicheln im Wasser, Kinder des Waldes. Das Wasser faszinierte mich besonders. Auf der Oberfläche entstanden immer die wildesten Schauspiele, die ich mir nur vorstellen konnte. Eines Tages sah ich wie ein geschwungender, erhabener Hals aus einem weißen Federkleid heraus ragte und bliebt mit gestockten Atem stehen. Die Flügel weiteten sich aus und schlugen mit gewaltiger Kraft auf der Wasseroberfläche auf. Es hob sich in einer Krone aus Wassertropfen aus dem Wasser heraus in die Lüfte. Schwan, sagte meine Mutter, auf mich herabblickend, wie ich, den Kopf in den Nacken gelegt, dem majestätischem Tier auf seiner Flugbahn hinterherblickte. Aber dieses Wort befriedigte mich nicht, es beschrieb nicht die Ausstrahlung dieses Geschöpfes, und auch nicht die Magie des Momentes, nicht die Kraft der schlagenden Flügel, nicht das großartige Gefühl, das sich in mir breit machte, und vor allem nicht die Sehnsucht nach diesem Tier. Beim Anblick gab es einen Kurzschluss in mir, ein Impuls, dessen Ausmaße ich nicht in Worte fassen konnte; ein Verlangen, von diesem Tier zu sprechen und diese Ausmaße auszudrücken. Wenn Worte meine Sprache wären, dann hätte ich mich mit dem Wort Schwan zufrieden gegeben. Aber das Wort Schwan sagte nichts über über die weißen Feder aus, die aus den Poren dieses Tieres wuchsen, und auch nichts über die Explosivität seiner Bewegungen, die langsamen Schläge seiner Flügel.
Der Himmel und der Schwan wurden zu einer Einheit, ich rang nach Worten, die beschrieben, was er für mich bedeutete. Schwan, flüsterte ich immer wieder innerlich vor mich hin, leise, um Raum für eine andere Definition zu finden. Ich spürte ein Zwicken, ein ziehen, eine Unzufriedenheit mit diesem Wort, aber nicht nur für dieses Wort, sondern auch für all diese Nachahmungen der Struktur und Form und Farbe in Lettern und Tönen, die Bäume, den Himmel, die Wolken, die Sonne, Wärme, Liebe, Familie, und der Unendlichkeit.

12 Kommentare:

  1. Wohl die schönste Ode an die Kunst, die keinen Rahmen braucht, keine Worte beschreiben kann, keine Musik oder Pinsel formen kann.

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  2. Liebe Elena,
    Deine Worte berühren mich wieder mal sehr.
    Weißt du was mir zum Ende in den Sinn kam?
    Alle sagen " Mensch" und nur wenige suchen was dahintersteht. Wie bei dem Schwan. Nur du, schon als kleines Mädchen wolltest mehr. Dich nicht mit dem Wort zufrieden geben.
    Da haben wir etwas gemeinsam. Ich wollte und will immer noch mehr.
    Das ging mir nur mal so durch den Kopf.

    Weißt du, für mich ist es völlig in Ordnung wenn du über meine Mutti schreibst bzw. Mir das Gefühl gibst es sei okay das ich sie vermisse. In meinen Regeln hab ich das nur erwähnt, weil ich es schrecklich finde das fremde Leute sich ein Urteil machen, wenn ich sie zb. Mal hasse oder so. Weißt du was ich meine?
    Du bist mit mir und dem Thema vertraut und ich bin erleichtert, wenn mal die Worte für Mutti gehör finden.

    Für mich ist es auch okay das du dir ein Bild raussuchst. Ich mag beide. Und mit der Zeichnung lass dir ruhig Zeit. Es eilt nicht :-*

    Deine Worte gehen mir noch nach und ich genieße jedes einzelne Wort.

    Ich danke dir für jeden kommi.

    Meine liebste Fee, ich umarme dich <3

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  3. vielen, vielen dank, es freut mich echt, dass es dir gefällt, vor allem, weil du denke ich Ahnung hast :)

    Das ist so genial. Eine dieser Sachen, wo man sich vorkommt, als würde man beim Komplimente machen nur herumstümpern. Ich mag deine Gedanken so sehr. Ist es das, diese Unruhe, die ursprung allen schaffens ist und...? naja, ich will das nicht totreden. Interessanterweise bestehen meine Kindheitserinnerungen auch zu großem Teil aus Schwänen, weil wir in der Nähe eines Hafens gewohnt haben und oft am Steg waren und sie uns anschauten... ich hatte von einem Schwan geträumt und habe dann versucht, diesen einen besonderen unter allen zu finden, das sind echt magische Wesen... bewundernswert, wie schön und lebhaft du das noch beschreiben kannst. Mit richtigen Worten.
    Und, weil es mich beschäftigt: hat der Schmetterlingseffekt-Typ sich mittlerweile eingekriegt? Bist du wieder sicher?

    jetzt hab ichs doch totgeredet. jedenfalls, danke.

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  4. Hey kleine Fee,

    Ja diese Tränen helfen mir loszulassen, denn leider ist da nichts mehr grade zu biegen.

    Weißt du, was Mutti angeht bin ich Grad voll in der Phase drin. Ich nehme alles mit, von Böse sein bis hin zur Sehnsucht das alles nur ein Traum war.
    Es ist fast wie ne Achterbahnfahrt und endlich kann ich sie mir erlauben.
    Ich denke, dass liegt daran das ich meinen Standpunkt gefunden hab. Mir geht es nicht mehr darum wer jetzt was von mir hält nur weil ich Handel wie ich nun mal Handel.
    Mir geht es jetzt, denke ich, darum endlich (wie meine Therapeutin es nennt) meinen inneren Frieden finden kann.
    Ich bin nicht so ein Mensch der Menschen nur schlechtes will. Weißt du, es ist doch viel zu anstrengend immer zu kämpfen. Ich denke wenn jeder, auch die die echt Scheisse gebaut haben, sich an ihre eigene Nase fassen so haben alle erstmal genug zu tun.

    Sorry ich glaube ich bin Grad voll vom Thema abgekommen.
    Aber mir schwirren hier irgendwie voll viele Gedanken im Kopf rum.

    Zu dem Typen. Oh Gott ich steh (natürlich anonym) bei Facebook. Man nennt den Kuss 'peinliches Missgeschick' :-D
    Weißt du, gestern ist mir zum einen bewusst geworden was ich so sehr vermisst habe. Nämlich mich. Ich bin nun mal ein Mädchen die ihr lachen liebt und Humor hat und man es ist ist so herrlich 'Tränen' zu lachen.
    Zum anderen ist mir gestern aber auch aufgefallen, dass ich ziemlich alleine bin. Ja. Wie sehr hab ich mir ein Mädchen gewünscht das mit mir zusammen lacht. Oder N. an meiner Seite. Doch leider ist sowas nicht ihr Ding. Und noch schlimmer ist das ich einsehen muss das wir uns auseinanderleben.
    Wie sehr wünsche ich mir unsere gemeinsamen Abende zurück*-*

    Ja ich weiß Grad gar nich ob ich was vergessen hab.
    Ach ja es ist völlig okay wie wir miteinander schreiben. Du darfst gerne schreiben was du denkst.

    Irgendwie hänge ich meinen Gedanken nach.
    Gabs noch was das du wissen wolltest?

    Deine Schwanengeschichte *-*
    Mein Herzblatt

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  5. Der Titel passt irgendwie ironischerweise sehr dazu :)

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  6. deine worte zeichnen eine welt
    voller zauber
    voll kindlichem glück
    das worte niemals beschreiben könnten.

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  7. wow, ich hab mich den restlichen Tag noch gefreut, als ich deinen Kommentar gelesen habe, danke! Es ist toll, das jemandem all das auffällt :)
    Ja, das finde ich auch schön :) Ich habe eine Menge alter Zeichnungen von Schwänen herumliegen, natürlich auch von anderen Tieren, aber ich fand das immer irgendwie magischer, als so ein langweiliger rosaner sprechender Mensch zu sein...

    Das ist sicher richtig so, wie du das machst. Ich hoffe, dass er bald Ruhe gibt.
    Sonnig war der Sonntag nicht, aber Gewitter sind auch echt schön :) Danke!

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  8. Ich muss gestehen, dass ich in Berlin genau das gleiche Gefühl hatte. Immer die Hoffnung, irgendwo anzukommen und dann ist da doch nichts außer Chaos und Müll... aber wenn man sich einzelne Objekte herausnimmt, dann sehen sie doch ganz schön aus. Ich bin mir sicher, dass man mit ein paar Tagen/Wochen mehr Zeit dort noch eine Menge finden könnte, aber ein richtiges Stadtbild habe ich irgendwie auch nicht bekommen, weil nichts zusammenhängt und es einem vorkommt wie ein riesiger Haufen aus Allem... ich war auch nur so in der Mitte, im Grunde nur auf ein-zwei großen Straßen, und hab nicht viel anderes mitbekommen :)

    Juhu, dann hat das doch was gebracht :)
    Und sie kommen hier her! Also fast. Es wäre eigentlich zu schön um wahr zu sein, aber ich träume immernoch davon, sie mal live zu sehen...

    Vielen Dank, ich weiß gar nicht, ob man sich den Titel richtig erklären kann, weil ich das ziemlich entfremdet habe, aber okay, ich warte :D

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  9. Das weißt du aber mehr, als ich :(

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  10. Hey Maus,
    Ja es geht so.
    Ich hänge immer noch der Mail an meiner Therapeutin nach. Am liebsten würde ich sie rückgängig machen, aber gesagt ist nunmal gesagt..

    Denk an dich<3

    Hab dich Lieb

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  11. Ach ja, Basti ist ca. 15 Jahre her.
    Und ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube mein Herz schlägt für ihn.
    Wenn ich doch nur mal jemanden in mein leben lassen könnte, doch ich schaffe es einfach nicht ...

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Vielen Dank für jeden Kommentar ♥
Ich behalte es mir allerdigs vor, Anfragen auf gegenseitiges Verfolgen etc entweder zu ignorieren, entzürnt zu reagieren oder es einfach zu löschen. Comprende?